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Doris Niestroj | Filz & Form.



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Doris Niestroj

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Eine Tasche entsteht Part II / III

31. Dezember 2009

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Jaja, Asche auf mein Haupt. Natürlich hatte ich Euch versprochen GESTERN noch Fotos von der Entstehung der Tasche (hier Teil I) zu zeigen...ich war auch auf den Weg zum PC um die Bilder zu sichten und um den Post zu schreiben. Dabei kam ich am Fernseher vorbei, schaltete diesen ein, weil ich dachte das so ein bißchen Hintergrundberieselung nicht schlecht wäre. War es auch nicht. Es kam Notting Hill, hab ich noch nie gesehen. Ich blieb im Sessel sitzen und habe mir erstklassiges Popcornkino reingepfiffen. Eine Romanze wie sie das Leben grundsätzlich nicht schreibt. Zum Anschauen ohne Nachdenken. Kaum war der Film zuende, bin ich selig im Sessel eingeschlafen...

Dafür bekommt Ihr heute Teil II und Teil III in einem Hauruck kredenz. Das verkürzt die Wartezeit auf Mitternacht. Es erwartet Euch nämlich eine Fotorange von insgesamt 18 Fotos von mehr oder minder guter Qualität. Seht einfach mal drüber hinweg, Lichtverhältnisse waren einfach grottig. Da hilft auch Photoshop nur bedingt weiter.



Nachdem ich die Form ein zweites Mal unter dicken Büchern versteckt habe, damit das Silikon aushärtet, habe ich mich ans Futter begeben. Eigentlich, eigentlich brauchen Taschen die im Hohlkörperverfahren gefilzt werden kein Futter. Das ist ja das Tolle an dem Verfahren, aber wenn es gewünscht wird, ist es natürlich selbstverständlich. Wobei das Futter bei einer möglichen Reinigung eher hinderlich ist.

Sicherlich liegt es auch daran, dass viele gerne eine innenliegende Reissverschlußtasche wünschen. Geht auch ohne Futter, indem man sie gleich mit einfilzt, dieses werde ich in Zukunft auch machen, denn auf Futter nähen habe ich in den allerseltensten Fällen Lust, es sei denn es bestimmt die Gestaltung mit, wie bei dieser Tasche.

Das Futter verstärke ich grundsätzlich noch mit Vlies. Was'n Blödsinn werden einige von Euch denken. Ne, kein Blödsinn. Ich habe mich schon so manches Mal geärgert, wenn sich die Nähte in Taschen, für die ich viel Geld bezahlt habe und ich meine wirklich viel Geld, in kürzester Zeit in Wohlgefallen aufgelöst haben und das Futter aus purer Boshaftigkeit von Sekunde an völlig ausgefranst war, so das eine halbwegs anständige Reparatur kaum noch möglich war.

Das können sich vielleicht Louis Vuitton, Bogner oder Escada und all die anderen leisten, ich kann und ich will es mir überhaupt nicht leisten. Daher die Verstärkung.



Hier nun ein Teil der Reissverschlusstasche. Nachdem ich mich fast an den Bettelstab bei Reissverschlüssen gekauft habe, bin ich neuerdings zu Endlosreißverschlüssen übergangen. Wesentlich günstiger, kann immer auf Maß geschnitten werden und ist überhaupt nicht kompliziert in der Handhabung. Den Schieber auf die Raupe zu bekommen ist ganz einfach - hier wird es beschrieben.



Feddich! Also, die einzelnen Nähschritte zeig ich jetzt mal nicht. Ich glaube, das ist bei den meisten von Euch auch überflüssig. Ich schätze ein Großteil meiner Leser näht sowieso selber. Natürlich darf mein Label-Einnäher nicht fehlen. Ich für meinen Teil setzte meine Fähnchen immer so, dass man sie nicht sofort sieht, wenn es möglich ist. Warum? Ich selber mag es einfach nicht wenn irgendwo ein Fähnchen sichtbar angebracht ist, da geh ich mit Nagelschere und Pinzette bei und prokel so lange daran herum, bis ich es sorgfältigst aus der Naht gelöst habe. Egal von welcher Firma. Ich glaube, ich bin damit nicht allein...- aber wenn es eher versteckt angebracht ist, lass ich es hängen.



Was hat denn dieser Bottich mit der Tasche zu tun? Gar nichts. Der Trink-Bottich, anders kann man ihn nicht bezeichnen mit einem Fassungsvermögen von 400 ml, begleitet mich seit 1978 und wurde während eines Familienurlaubes gekauft. Es existiert noch ein zweiter. Beide sind regelmäßig in Benutzung, wie auch an diesem Abend.

Ja, liebste Mutter die gibt es tatsächlich noch. Da staunste was? ;)




Ebenso bei den Scheren. Hatte ich schon erwähnt, dass ich ein Scherenfetischist bin? Ich habe für jeden Zweck und Anlass die passende Schere, zwei davon sind aus Familienbeständen von mir vor langer Zeit konfisziert worden. Die 3. und die 4. von links. Geht's jetzt mal weiter? Yep!



Gestern nun konnte ich die Form endgültig zuschneiden. Zu Anschauungszwecken habe ich mal die originale Novemberlichterform daneben gestellt. Und jetzt? Jetzt geht es an's Eingemachte.



Hier übertrage ich den Schnitt, den ich zum Filzen brauche auf Noppenfolie. Man kann auch andere dickere Folie nehmen, Wachstuch oder sogar dünnen PVC-Bodenbelag. Ich nehme Noppenfolie. Ihr seht da zwei Linien auf dem Bild. Die Innere beschreibt die Originalgröße, bei der Außenlinie handelt es sich sozusagen um die "Nahtzugabe". In diesem Fall 40% für den Schrumpfprozess.

Wolle schrumpft beim Filzen. Je nach Sorte kann das sehr unterschiedlich sein. Der Schrumpfvorgang ist auch abhängig davon, wie dick man die Wolle ausgelegt hat und wie dicht man den endgültigen Filz haben will. Ich bevorzuge eher dünnere Filze, die aber sehr stabil sind, weil lange gewalkt. Sehr lange. D.h. bei mir immer, große Fläche dünn auslegen und anschließend lange walken - teilweise bis zu 3 Stunden. Jetzt habe ich bereits 6 Stunden an der Tasche gesessen.

Vielleicht wird einigen von Euch langsam klar, warum viele Filzprodukte, die in Handarbeit hergestellt werden nicht sooooo billig sind wie der Chinascheiss (ja ich benutze diesen Kraftausdruck bewußt, weil es dem auch entspricht) und damit überhaupt nicht verglichen werden können! Ich bin jedenfalls immer stockbeleidigt, wenn man meine Sachen vom Preis her mit dem Müll vergleicht.

War auf Märkten immer wieder Anlass für mich, mich in äußerster Selbstbeherrschung zu üben. In äußerster....- auch der regelmäßige Vergleich mit dem Töchterchen, das im Kindergarten auch filzen gelernt hat, trieb mir jedesmal leichte Aggressionsflecken ins Gesicht. Dank meiner Freundin, und dem ein oder anderen entspannenden Becher Glühwein geschah, kein Unglück.

Also keine Schlagzeile: Mutter von zwei Kindergartenkindern auf Weihnachtsmarkt mit Filztasche erschlagen.



Langsam nähern wir uns dem Filzen als solches. Dazu löse ich in einem Liter Wasser einen Esslöffel Schmierseife auf. Edelfilzern stehen jetzt natürlich die Haare zu Berge. Frevel... - naja, jedem Tierchen sein Plaisirchen. Schmierseife ist günstig und ob ich mit teurer, rückfettender Seife die Fasern schone, lasse ich mal dahingestellt. Besonders bei gefärbter Wolle. Ich für meinen Teil habe noch keinen Unterschied gemerkt auch nicht bei meinen Händen. Irgendwann mag einfach keine Haut mehr, egal mit welcher Seife. Siehe hier.



Hier habe ich bereits eine Seite der Tasche ausgelegt und mit heißem Seifenwasser befeuchtet. Nun drücke ich mit dem Schnitt vorsichtig die Luft seitlich aus der Wolle. Die überstehende Wolle lasse ich erstmal trocken. Diese wird später erst angefeuchtet und umgeklappt.



Sieht dann so aus.



Das Grauen für jeden Anfänger. Umgeklappte Seiten, die sich in in der Rundung so richtig schon faltig zusammenknüllen. Wer hier hastig arbeitet riskiert häßliche Wülste im Filzgut. Also, die Falten sind kein Problem. Das Problem ist einfach die menschliche Ungeduld. Wer sich Zeit nimmt und vorsichtig in die Falten hineinfilzt, der bekommt keine unschönen Wülste.

Filzen bedeutet auch sich Zeit nehmen zu müssen, Filzen hat was meditatives !!!!! Hektik und Ungeduld passen nicht zum Filzen.



So sieht die Rundung aus, wenn man sich Zeit gelassen, Geduld hat und Spaß am Filzen ;). Achja, wenn die Rundungen sauber gefilzt sind, lege ich die zweite Seite auf.



Wenn die Fasern gut angefilzt sind, also so, das man mit einer Zupfprobe keine Fasern mehr hochziehen kann, wird der Schnitt aus der zukünftigen Tasche genommen. Nun filze ich von innen weiter. Drehe den Schnitt um, filze die Kanten sauber und so weiter und sofort. Derweil sind schon 9 Stunden vergangen. Ich filze sehr sorgfältig und lange, besonders bei grossen Stücken, die viel genutzt werden. Nachlässigkeit rächt sich später garantiert.



Wie, DAS soll eine Tasche werden? Yep, ist auf dem besten Wege...



So, ab diesen Punkt kommt die Form zum Einsatz und viele machen hier schlapp, weil jetzt Kraft gebraucht wird. Ich fange nun an den flachen Filz über die Form zu filzen. Leider habe ich vergessen ein Bild von der Form zum Filzschnitt zu machen. Aber schaut Euch nochmal das Foto an, wo ich die Noppenfolie aus dem Filz hole und achtet dabei auf die graue Matte. Der Filz füllt die Matte komplett aus - schaut Euch jetzt das obere Foto an...



Endlich ist es soweit, der Filz paßt mit etwas Abstand gut um die Form. Nun beginne ich gezielt zu walken. Gezielt, um die konische Form herauszuarbeiten und, um die von mir bereits beim Filzen mit extra Wolle verstärkten unteren Ecken sauber auszuarbeiten.



Walken, aufmachen, in Form ziehen, drehen, einrollen zubinden, walken...walken, aufmachen, in Form ziehen, drehen, einrollen zubinden, walken... walken, aufmachen, in Form ziehen, drehen, einrollen zubinden, walken... in diesem Fall ging das Spiel über eine Stunde.



Es ist geschafft. Der Filz wird zum Trocknen über die Form gezogen. Paßt, sitzt, wackelt und hat Luft. Eigentlich bin ich ein Randfreak. Filzstücke, die keinen ordentlich ausgefilzten Rand haben, sofern dies nicht gestalterisch eingeplant war, sind für mich ein Graus. Hier seh ich es aber sehr großzügig, da der Rand abgeschnitten wird.

Es fehlen noch Schulterriemen und Filz für die umlaufenden Riemen und für die Schärpe. Die muß ich heute noch filzen. Ich hör hier jetzt aber auf mit posten, ich sitze schon 2 Stunden an diesem Post. Eventuell gibt es morgen Teil IV. Will ich aber noch nicht versprechen.

So und nun wünsch ich Euch einen guten Rutsch. Das Wetter bringt ja die besten Voraussetzungen dafür mit, wenn ich so aus dem Fenster schaue.


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