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Doris Niestroj | Filz & Form.



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Doris Niestroj

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Nu aba ma Tacheles

29. September 2009

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Ich habe das Gefühl, dass ich mit meinem letzten Post ein kleines Fass aufgemacht habe. Oder doch etwa gleich Pandorra's Büchse? O.K. leicht übertrieben, aber ich mach auch manchmal gerne einen auf Dramaqueen.

Es scheint mir jedenfalls, dass das Thema viele Frauen betrifft und auch ärgert. Was aber außerdem für mich zwischen einigen Eurer Zeilen geklungen hat, war Frustration. Frustration darüber, dass Frau ab einem bestimmten Alter für Arbeitgeber uninteressant wird. Meine Erfahrungen bestätigen das. Ich möchte allen Frauen wärmstens empfehlen, die kurz vor 40 sind und sich mit dem Gedanken tragen sich noch mal beruflich zu verändern dies vor Vollendung des 39. Lebensjahres zu tun. Danach wird es ungleich schwieriger.

Ich behaupte natürlich recht keck hier etwas, was niemals laut ausgesprochen werden würde, von wegen der political correctness, aber viele Unternehmer 1:1 denken und auch danach handeln. Nicht alle, es gibt auch rühmliche Ausnahmen. Wenn jemand die kennt, bitte hier nennen!

Ich erzähle mal meine Erfahrung und ich hoffe, dass ich dies recht kurz halten kann *stöhn*.

Ich habe eine lange Ausbildung hinter mich gebracht, die mich verdammt viel Geld gekostet hat, die mir sehr viel Spaß gemacht hat und die mein innigster Wunsch war. Der Wunsch Designer zu werden.

Ich habe mich auf dem 2. Bildungsweg Richtung Diplom Designer gerobbt. Meine Anfang im Bereich der Gestaltung begann als Schaufenstergestalterin, danach Fachabi für Gestaltung anschließend das Studium für Produktdesign. Meine Ausbildung dauerte 8 Jahre. Ich hab mich da richtig reingekniet, nicht links und nicht rechts geguckt und hatte meine Bestimmung gefunden.

Meine Zeugnisse, meine Referenzen und meine Projekte sprachen für mich. Kurz, ich war gut! So gut, dass ich mich nie lange mit Bewerbungen schreiben rumärgern mußte. Fünf Bewerbungen geschrieben, vier Vorstellungsgespräche, drei Angebote. "Boah", dachte ich, "so kann das weitergehen." Damals mit 24 Jahren.

Ging es aber nicht. 21 Jahre später

Bei meinem letzten Arbeitgeber ging mir aufgrund vieler Begebenheiten, die ich hier im Einzelnen nicht weiter erörtern möchte nach vier Jahre das erste Mal die Puste aus. Mittlerweile war ich so ein Mischwesen zwischen Innenarchitektin, Grafikdesigner, Produktdesigner und Marktingfachfrau geworden. Sozusagen die eierlegende Wollmilchsau. Für jeden etwas.

Ich war 41 Jahre alt unzufrieden und unglücklich und dachte:" Da muß noch mehr kommen als diese kleinkarierte Kinderkacke hier, das kann doch noch nicht alles gewesen sein!"

Ich hatte viele sehr gute Referenzen, viele interessante und verschiedene Jobs gemacht, viel gesehen, war im Großen und Ganzen weitesgehenst stressresistent und ich hatte Erfahrung. Erfahrung im Job und Erfahrung im Leben. Besonders wichtig für berufliche Kreativlinge, mir war bislang die Puste im gestalterischen Bereich noch nicht ausgegangen. Die Familienplanung war abgeschlossen. Mich haute also so schnell nix um. Ich war meiner Meinung nach also der Wunschkandidat für jeden Arbeitgeber.... dreimal ganz trocken gelacht.

Ich begann also aufgrund durchgehender Unzufriedenheit Bewerbungen zu schreiben. Äh, als die ersten Absagen kamen war ich irritiert. Erst hatte ich mich mit Überqualifizierung raugeredet, aber eigentlich entsprach ich zu 100% dem geforderten Profil. Was war los? Ich wurde immer kleinlauter. "Halloooooo Arbeitgeber, warum wollt ihr mich nicht?" Ich habe angerufen, nachgefragt. Es wurde um den heißen Brei geredet.

Das was ich bisher als mein berufliches Kapital angesehen hatte, wurde mir zum Verhängnis! Ich hatte Erfahrung und ich war definitiv zu alt. Weil man mir nicht mehr so schnell ein X für U vormachen konnte.Selbstbewußte Frauen über 40 die ihre eigene Meinung haben, wissen wo der Hase langläuft und dabei noch kreativ sind, geht gar nicht. Die hat "man" nicht im Griff, die kann "man " nicht mehr formen.

Also blieb ich zwangsläufig weitere 4 Jahre in einer Firma in der mir die Arbeit keinen Spaß mehr machte und das tägliche Mobbing seitens der Geschäftsführung und der Gesellschafter Standard war. Man wollte mich loswerden, man wollte frisches, "dummes" Blut. Ich war unbequem geworden.

Letztes Jahr habe ich das Handtuch geworfen. Kein Job der Welt ist es wert, dass man seine Gesundheit riskiert. Ich war nicht mehr ich.

Wohlgemut strunzte ich mit meinem Lebenslauf-Mäppchen ( Mäppchen ist gut. Das Ding ist ein halber Roman und 24 Seiten stark, wobei ich mich da schon sehr beschränke und kurz fasse.) zur Agentur für Arbeit. Tja, den Sachbearbeiter mochte ich nicht wirklich, er mich auch nicht. Grund s. o. Er sprach dann Tacheles mit mir, etwas was ich bereits dumpf geahnt hatte. Ich war schwer vermittelbar aufgrund meiner Qualifikationen, meiner Erfahrungen und meines Alters, sowie meines Geschlechtes. Punkt! "Ha,"dachte ich," Dir zeig ich's!"

Was dann kam war für mich richtig beschämend. Keiner wollte mich. Noch nicht mal ein Gespräch, auch wenn ich zu 100% zum geforderten Profil paßte. Und jetzt? Da packte mich die Wut, die hab ich immer noch und die werde ich auch behalten, daher habe ich mich dieses Jahr im April selbstständig gemacht. Es bewegt sich was und plötzlich sind genau die Qualifikationen, die mich auszeichnen und die mir als Arbeitssuchende ab 40 zum Verhängnis wurden, wieder gefragt.

Ich wollte schon einen Stellesuchanzeige mit dem Text aufgeben:

NIMM MICH!
BIN ALT UND BILLIG UND ÄUSSERST WILLIG.

So, hier möchte ich einfach mal abschließen und betonen, dass das meine persönlichen Erfahrungen sind und das dies nicht für jeden Berufszweig gelten muß. Aber im Bereich des Designs und des Kommunikationsmarkting hat man als Frau (Männer kann ich nicht beurteilen) ab einem bestimmten Alter einfach Probleme einen Job zu bekommen.

Aber auch hier gilt: AUSNAHMEN BESTÄTIGEN DIE REGEL.

Und Grün ist die Hoffnung! Daher heute ein Bild meiner grünen Filzkugelphase. Noch ein bißchen Fett dazu und ich könnte fast dem Joseph Beuys sein Erbe antreten! ;)

Ich hoffe, dass sich die Arbeitgeberdenke im Bezug auf Frauen über 40 als Arbeitnehmer bald ändern wird. Denn nicht Jede hat den Mut, alles hinzuschmeissen und sich selbstständig zu machen.
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EDIT mal wieder | Äh, ich wollte jetzt aber nicht mit meinem Schicksal hadern und auf hohem Niveau öffentlich jammern. Das war nur ein möglichst neutral geschriebener Erfahrungsbericht. Es ist halt ein Thema bei dem einem das Lachen im Hals stecken bleibt wenn es einen betrifft. Weil man nie für möglich gehalten hat, dass es einen irgendwann auch betreffen könnte.

Ich bin eigentlich glücklich und rundum mit mir und meiner Situation zufrieden, wie schon lange nicht mehr. Vielleicht hat auch meine Vorgeschichte, die viele von Euch teilen, erst zu diesem jetzigen Zustand geführt. Wer weiß?

Außerdem, Pastellino's Mann zeigt ja, dass es auch anders geht und das macht Hoffnung.
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